Es verwundert viele deutsche Touristen, wie unterschiedlich Land, Leute und Kultur in den USA doch sind. Eigentlich ist es schon bemerkenswert, weil ja im Wesentlichen die europäischen Auswanderer dieses Land geformt haben, aber es wird gerne vergessen, dass das Land selbst mit seiner Weite, seinen Naturgefahren, seinem Pioniergeist, seinem Reichtum und seiner Geschichte sehr prägend ist.
Dazu kommt noch, dass nicht nur Europäer in die USA eingewandert sind, sondern auch viele Afrikaner, Menschen aus Mittel- und Südamerika, so wie Ostasiaten: Japaner, Chinesen, Philippinos, Koreaner und last but not least, es auch eine amerikanische Urbevölkerung (native americans) gibt, die ebenfalls einen prägenden Einfluss hat. Es ist also nicht verwunderlich, dass ein deutsch sprechender Amerikaner kein Deutscher ist. Er oder sie wird vielleicht stolz auf seine deutsche Herkunft (german heritage) sein, aber sich immer vor allem als Amerikaner fühlen.
Es gibt vieles, was alle Amerikaner wirklich zusammenhält und bei allen Sprachunterschieden und bei verschiedener Herkunft sie Amerikaner sein lässt. Es ist ein ausgeprägtes, positives Nationalbewusstsein, der Glaube an die Demokratie, die Effizienz des Kapitalismus, ein unerschütterlicher Optimismus und eine gewisse Zuversicht in die Zukunft, die uns Deutschen inzwischen total abhanden gekommen ist.
Wenn wir Deutsche über Amerika urteilen, dann fällt das Urteil meistens negativ aus. Dies zeigt unsere große Unkenntnis und spricht von Vorurteilen, die im Wesentlichen von den deutschen Medien tradiert werden. Viele Deutsche beziehen auch ihr ganzes Wissen über Amerika von den internen Kritikern, Michael Moore war der beliebteste Selbstdarsteller in diesem Genre.
Die US Bürger können seine Bücher und Filme einordnen, weil sie ja auch den Alltag kennen. Wir Ausländer tun uns da schon schwerer. Ich vergleiche hierzu Michael Moore etwa mit Gregor Gysi von den LINKEN. Auch der ist ein guter Redner und Medienmensch, aber in der praktischen Politik hat er nichts bewirkt. Wer sich nun nur aus Gysis Äußerungen sein Deutschlandbild machen würde, wäre sicherlich auch schlecht beraten.
Wir vergessen gerne, dass Amerika nicht nur Obama oder Bush ist, die übrigens beide von den meisten Amerikaner auch als schwache Präsidenten angesehen werden. Amerika ist auch das Land von vielen Nobelpreisträgern, Künstlern von Weltruhm, einer Medienindustrie (Filmindustrie), die die ganze Welt fasziniert. Es ist auch ein Land hart arbeitender Menschen, die sehr viel Geld in die Erziehung ihrer Kinder stecken. Und es ist ein Mekka der Kreativität.
Die Haupt-Vorurteile gegenüber Amerikanern heißen immer: Sie sind oberflächlich und sie sind dumm. Die Oberflächlichkeit ist unsere falsche Interpretation von Freundlichkeit, die uns Deutschen leider fehlt. In einem Land mit extremer Mobilität ist es sehr wichtig, dass man Fremden gegenüber aufgeschlossen und freundlich ist. Dies hat mit echter Freundschaft in unserem Sinne überhaupt nichts zu tun und es gibt auch in den USA langjährige Freundschaften, aber wenn jemand sagt, "I'm your friend" heißt das nichts anderes als "ich bin dir wohlgesonnen und fühl' dich hier zu Hause". Es ist nicht der Beginn einer langen Freundschaft.
Unsere Urteile über die Dummheit entspringen ähnlichen Missverständnissen. Wir vergleichen amerikanisches Wissen mit unserem Wissen und vergessen, dass wir viel lernen, was wir nie brauchen werden, und dass in einem Land dieser Größe fremde Länder manches recht unbedeutend sind. So werden Deutsche immer wieder gefragt, ob es bei ihnen auch McDonalds gibt oder ob man das Internet (übrigens eine europäische Erfindung, zumindest das WWW, das ihm zum Durchbruch verholfen hat) schon kennt. Diese Fragen sollte man immer ernsthaft beantworten.
Wissen in den USA ist sehr viel mehr praktischeres Wissen und weniger formales Wissen. Wenn man im Gegenzug Deutsche bloßstellen wollte, müsste man im Land der Dichter und Denker nur fragen, was z.B. die Hauptstadt von Idaho ist (es ist Boise, auch noch nie gehört, gell?). Bevor man die Dummheit der Amerikaner geißelt, sollte man ruhig vor der eigenen Türe kehren. Auf einigen Gebieten haben aber die US-Menschen wirkliche Defizite.
Eines ist das Lernen von Fremdsprachen, das nicht nötig erscheint, da weltweit "ohnehin jeder Englisch kann". Zumindest, wenn man langsam und laut genug redet, wie ernsthaft viele Amerikaner glauben. Damit geht auch einher, dass sich Amerikaner kaum in andere Länder und Kulturen einfühlen können.
Da das Land selbst so vielfältig ist und so viele Rassen erfolgreich integriert hat, herrscht oft die falsche Meinung vor, dass die USA ein Abbild oder Vorbild der restlichen Welt sind, ein verhängnisvoller Irrtum in der Politik. Denn damit wird auch die Vorstellungskraft ausgeschaltet, was andere dem Land antun könnten. Dies war ein Hauptgrund für das Versagen der Geheimdienste vor dem 11.September.
Ein anderes ist der Umgang mit der Wahrheit. Es ist für Außenstehende sehr schwierig, die Meinungen immer so zu interpretieren, wie sie gedacht waren und wir glauben dann, viele Lügen zu hören. In Wirklichkeit sind diese Lügen dann Höflichkeitsfloskeln, Formen mit verstecktem Inhalt, tradierter Unsinn und ähnliches. Ich glaube aber, dass unter dem Strich hier auch nicht mehr gelogen wird, als bei uns.
Tourististen werden von diesen tiefer liegenden Unterschieden recht wenig berührt. Sie genießen einfach die Freundlichkeit, den Komfort und exzellenten Service, den lockeren Umgang und das überwiegend positive Klima, das herrscht. Viel schwieriger ist die Situation für Geschäftsleute. Sie werden fundierten, fachmännischen Rat brauchen, wollen sie in den USA erfolgreich sein. Es gibt erstens viele ungeschriebene Regeln, die man kennen muss, um nicht permanent Fehler zu machen.
Und dann ist auch die Gesetzeslage extrem verschieden. Gerade bei juristischen Fragen sind die Unterschiede riesengroß. Und noch eine Warnung an alle, die in die USA auswandern wollen. Es ist - wie übrigens in den meisten anderen Ländern auch - ein Riesenunterschied, ob man als Tourist oder als Einwanderer kommt. Für junge Menschen hat das Land viele Vorteile, für die Älteren mehr Nachteile. Das war auch der Hauptgrund, warum ich selbst wieder nach Deutschland zurück gekommen bin.
Schwierigkeiten ergeben sich bei Partnerschaften (Liebschaften) zwischen Deutschen und Amerikanern, hier prallen zwei Kulturen dann aufeinander und diese Kulturfalle verursacht Schwierigkeiten, meist unüberwindbare. Vor allem Ehen von deutschen Männern mit amerikanischen Frauen scheitern häufig, amerikanische Männer mit deutschen Frauen passen schon eher zusammen.
Große Probleme haben die Deutschen mit dem amerikanischen Verhältnis von Raum und Zeit. Die Distanzen sind alle viel größer und auch im persönlichen Umgang muss man größeren Abstand zu den Menschen halten. Das Verhältnis von einem Kilometer zu einer Meile 1:1,6 drückt ganz gut diesen Größenunterschied aus. Ähnliche Probleme ergeben sich mit der Zeit, deutsches und amerikanisches Tempo harmonieren meist nicht, Amerikaner sind den Deutschen zu langsam, umgekehrt sind Deutsche den Amerikanern zu hektisch.
Mit Maßeinheiten haben die deutschen Touristen am Anfang ohnehin immer Probleme. Obwohl offiziell auch die USA dem Metrischen System angehören, sind die alten Einheiten nicht auszurotten. Auch auch bei uns wird ja immer noch in Pfunden gemessen, weil es praktischer ist. Ich habe die wichtigsten Umrechnungen zum Üben zusammen gefasst. In der Praxis wird man dann schnell merken, dass man bei 100 Grad Fahrenheit Fieber bekommt, dass 130 km/h zu schnell sind (75 mph = 120 km/h), dass eine Gallone fast vier Liter sind und der Reifendruck so um 27 psi sein sollte.
Wer sich übrigens ein Bild machen will, wie Amis über Deutsche denken, der sollte sich vorstellen, wie wir über die Ungarn denken. Nicht umsonst sind wir in den USA auch die Hunnen (Huns, manchmal auch Krauts). Ein Volk, das wir nicht verstehen, das manchmal wilde Riten hat, viel Alkohol trinkt und fettes Essen schätzt, gerne und oft feiert und auf dessen Straßen man sich zu Tode fürchtet.
Andere Kleinigkeiten, über die Deutsche sich ständig lustig machen sind das Eiswasser, das man allerdings schnell zu schätzen lernt, weil bei der großen Hitze das gekühlte Wasser sehr viel angenehmer zu trinken ist. Dann die Sorgfalt beim Rasenmähen. Wenn man allerdings weiß, dass selbst in den Großstädten sich auf nicht gemähten Rasenflächen unwillkommene Tiere einnisten, wird man schnell anders urteilen.
Ich habe mir angewöhnt, nicht in "besser" oder "schlechter" zu denken, sondern einfach in "anders als bei uns" und habe versucht herauszufinden, warum es anders als bei uns ist. Habe ich erst die Erklärung verstanden, hat es mir fast immer eingeleuchtet, dass das Verhalten durchaus seinen Sinn hat. (Dazu gibt es auch ein interessantes Blog!
Einiges ist allerdings auch bei gutem Willen wirklich für uns kaum nachvollziehbar. Es sind diese kalorienreichen Softdrinks, die überwiegend ungenießbar sind, vor allem das Rootbeer. Man versuche zur Abschreckung nur mal "Dr. Pepper". Aber da es auch immer Wasser und Milch gibt, kann man hier ausweichen.
Dann das viel zu fette Essen und die viel zu großen Portionen, die wesentlich zur häufigen Dickleibigkeit der Amerikaner beitragen. Auch hier kann man als Tourist leicht gegensteuern. Es werden immer gute Alternativen angeboten, auch beim Fastfood, man muss sie nur nehmen. Interessant dabei ist, dass ich in USA zu den Schlanken gehöre, während ich in Deutschland immer zu dick bin. Kein schlechtes Erlebnis für mich, nebenbei gesagt.
Unverständlich sind auch der enorme Energieverbrauch und der ständig vorhandene Lärm, der damit verursacht wird. Diese Probleme treffen aber primär das Land und seine Leute selbst. Auch wir in Deutschland sind nicht so sparsam, wie wir immer tun, man denke nur an die fehlende Geschwindigkeitsbeschränkung auf den deutschen Autobahnen, den Wahn mit den PS-Zahlen bei den Autos oder schlecht isolierte Häuser. Hier in den USA kann man am eigenen Leibe erfahren, wie angenehm und stressfrei der Verkehr mit vernünftigen Geschwindigkeitsbeschränkungen werden kann.
Die große Politik, die Amerika in der Welt so unsympathisch macht, ja sogar riesigen Hass gegen Amerika schürt, ist im täglichen Leben auf dem Lande kaum präsent. Die Amerikaner plagen dieselben Sorgen wie die Deutschen auch. Sie wollen ihr Haus bauen, ihre Kinder groß ziehen und in Würde ihren Lebensabend genießen. Das dies in anderer Form als bei uns geschieht, ist eigentlich selbstverständlich.
Zu den großen Veränderungen, die ich auf dieser Reise bemerkt habe, gehörten weniger die Auswirkungen des Patriot Acts (die Gesetze zur Inneren Sicherheit nach dem 11.September, oder 9/11, wie es hier heißt), sondern das Vordringen von Spanisch als Umgangssprache und im Alltag (Fernsehen, Werbung, Aufschriften). Diese "Latino Wave" ist sicherlich hauptsächlich durch die Lage im Südwesten bedingt, aber ich glaube nicht, dass es darauf beschränkt ist.
Mich persönlich freut diese Entwicklung, denn Englisch mit Spanischem Akzent ist für mich gut verständlich, hingegen hatte ich stets Probleme mit dem "schwarzen Englisch". Und spanisch geprägte Musik gehörte immer schon zu meinen Favoriten. Spanien und die USA passen noch in anderer Hinsicht gut zusammen. Viele der amerikanischen Landschaften findet man nämlich auch in Spanien, sowohl auf der Iberischen Halbinsel wie auch auf den Inseln, interessant für alle, die Europa nicht verlassen wollen.
Auch auffallend während dieser Reise in 2004 waren die vielen asiatischen Gesichter. Auch dies mag mit der Lage an der Westküste zu tun zu haben, aber ich denke auch, dass z.B. die Öffnung Amerikas Richtung China dafür verantwortlich ist und es ein allgemeiner Trend ist.
Bemerkenswert war auch für mich das Verschwinden von Buchhandlungen und Music-Stores aus den Malls. Hier sieht man deutlich die Folgen von Internet-Anbietern wie AMAZON. Neu waren für mich die Fernsehkanäle von FOX, auf die ich aber auch hätte verzichten können.
Enttäuscht war ich auch von der Internetpräsenz im Lande. Hier scheint es in Deutschland zumindest für Touristen bessere Angebote zu geben. Man kann zwar fast überall Zugriff zum Netz bekommen, aber es ist unverschämt teuer (z.B. 5$ pro 5 Minuten im sonst so billigen Laughlin), was nicht für großen Alltagsnutzen spricht. Das billigste Angebot war in Page für 5 $ eine Stunde, allerdings in einem Laden sehr abseits.
Die allgemeine Wirtschaftslage scheint nicht schlecht zu sein. Man sieht häufig Werbung für neue Arbeitskräfte, viele Baustellen und kaum leerstehende Läden. Lediglich in Page haben sich in einer Mall die in Deutschland so üblichen Schilder (Lease, Rent, Sale) gehäuft. Es würde mich nicht wundern, wenn dieser Ort, der hauptsächlich vom Tourismus lebt, u.a. auch unter der deutschen Depression leidet.
Wer mehr und aktuellers über die USA wissen will, kann sich dazu bestens auch im Internet informieren. Es gibt viele Reiseportale, hier ein Beispiel. Für aktuelle Nachrichten sind die Google News und das Kabel-/ Satelliten- Fernsehen eine gute Quelle. Alle wesentlichen US Zeitungen sind übers Internet erreichbar. Wer Freunde in den USA hat, kann sie auf Nachrichten aus Deutschland in Englisch aufmerksam machen.