CH-6578 Caviano TI liegt im Tessin an der Riviera del Gambarogno, der steilen Ostküste des Lago Maggiore, an der Schweizerisch-Italienischen Grenze, 274m über dem Meer, mehr als 100 m über dem See, der als tiefste Stelle der Schweiz etwa 160 m über dem Meer liegt. Laut Statistik hat die Gemeinde Caviano 150 Einwohner (sehen wird man davon wenige) und besteht aus den Ortsteilen Caviano, Scaiano, Dirinella (mit der Grenzstation zu Italien) und Monti di Caviano mit den Cento Campi hoch über dem Ort (und nur zu Fuss oder mit dem Lastenaufzug aus Scaiano erreichbar).
Caviano ist ein wunderbarer Ferienort für alle, die Abgeschiedenheit suchen, sich einmal richtig ausspannen wollen und gerne wandern, lesen, malen, kochen oder sich sonst gut selbst beschäftigen können. Es ist ein Paradies für jene, die gelassen den Blick in die Weite schätzen. Es wäre für mich der Traumort, um - mit einem Internetterminal ausgerüstet - Bücher zu schreiben!
Die Bahnstation für Caviano ist die des Nachbarortes Ranzo - S. Abbondio an der Strecke Bellinzona - Luino (Italien). Von dort sind es etwa 15 min zu Fuss ins Ortszentrum (Paese) von Caviano. Fährt man mit dem Bus die Riviera del Gambarogno entlang, steigt man am besten bei der Busstation ' Bivio per Caviano ' aus und geht (hoffentlich mit guten Schuhen und nicht mit Sandalen) die steilen Treppen zu den vielen Ferienwohnungen und Villen, die die Besucher von Mai bis Oktober anlocken.
Mit dem Auto muss man die Beschränkungen des Einfahrttunnels unter der Bahnlinie beachten (max 2.9m Höhe, 2.3m Breite und 12t) und im Ort einen eigenen Parkplatz haben, die wenigen öffentlichen Parkplätze sind belegt. Ortsfremde sollten wissen, dass auf der steilen Zufahrtstrasse bergauffahrende Autos und der kleine Postbus, der einige Mal am Tag bis Scaiano hochfährt, Vorrang haben. Es empfiehlt sich mit offenen Autofenstern zu fahren, damit man früher entgegenkommende Auto hört und die Verkehrsspiegel im Auge zu behalten. Offiziell sind im Ortsgebiet zwar 50 km/h erlaubt, aber wer schneller als 30 km/h fährt, gefährdet trotz des mäßigen Verkehrs sich und andere, die Zufahrtsstrasse ist einfach zu schmal und zu unübersichtlich.
Caviano hat einen USEGO Laden, der Mo-Sa von 8.00 -11.30 geöffnet hat und (ausser Frischfleisch) die meisten Lebensmittel des täglichen Bedarfs führt. Brot muss man einen Tag vorher bestellen. Essen kann man in der Osteria del Sole direkt an der Kirche, die allerdings für deutsche Verhältnisse teuer ist.
Die meisten deutschen und nicht allzu wohlhabenden Besucher werden sich also auf Selbstversorgung einzustellen haben. Einen Metzger gibt es im nahen Gerra, dort auch die empfehlenswerte Osteria 'Giardonetto', direkt an der Durchgangsstrasse.
Prinzipiell kann man auch im nahen und preiswerteren Italien einkaufen, aber die Straße nach Luino ist sehr schmal, schlecht und unangenehm zu befahren. Achtung, wer in Italien Pizza essen will, wird mittags lange danach zu suchen haben, auch Pizzerien servieren diese erst am Abend. Eis gibt es an den Tankstellen am Ufer. Außer der Osteria del Sole und dem Usegoladen gibt es in Caviano selbst keine Verpflegungsmöglichkeit.
Keine Versorgungsmöglichkeit hat das malerische Scaiano, das mit 331m 10 min zu Fuss über Caviano liegt und als touristische Einrichtungen lediglich über einen größeren Parkplatz, eine Telefonzelle und ein WC verfügt.
Deutsche Zeitungen führt ein Laden direkt an der Grenzstation, der auch Geld wechselt. Da es sich hier um eine Nicht-EU Grenze handelt, sollte man auf Spaziergängen immer mit Zollkontrollen rechnen und einen Ausweis dabei haben.
Die beliebteste Anfahrt mit dem PKW führt noch immer über den San Berndino Tunnel, dann die Autobahn bis zur Ausfahrt Bellinzona Sud, weiter Richtung Locarno auf der Bundesstrasse (in der Schweiz mit blauen Schildern, grün ist die Autobahn!!!). Nach einigen Kilometern mit vielen Kreisverkehren und häufigem Stau biegt man dann in die Uferstrasse nach Luino ein. Touristen, die Ferienwohnungen bewohnen, geben dann in Vira bei der Information (grosses grünes i) ziemlich am Ortsanfang, vor der Tankstelle, ihren Meldeausweis ab.
Die Anfahrt von z.B. Stuttgart ist zwar kürzer als 500 km, trotzdem wird man mindestens 6 (wahrscheinlich eher 7) Stunden dazu brauchen, weil die Strassen meist ziemlich belastet sind und die Alpenüberquerung ihre Zeit braucht. Die Schweiz lässt es die Ausländer deutlich spüren, dass ihr Verkehr nicht allzu willkommen ist und hat keine Autobahnanbindung aus Stuttgart kommend. Man muss dann über Konstanz, Kreuzlingen bis Romanshorn etwa 35 km Bundesstrasse einplanen.
Wer über Österreich fahren will, braucht eine zusätzliche Vignette für einige Kilometer Autobahn, die Schweizer Autobahn Vignette kostet zur Zeit 40 Franken. Auf Schweizer Autobahnen ist die Höchstgeschwindigkeit 120 km/h, auf den anderen Strassen nur 80 km/h!
Die Hauptattraktion Cavianos ist zu jeder Tages- und Nachtzeit der Blick auf den Lago Maggiore (auch Langensee genannt) mit den Isole Brissago (Breisach-Inseln) sowie der Blick auf Brissago, Ronco sopra Ascona, Ascona und Locarno.
Für Wanderungen aller Art braucht man unbedingt Bergschuhe, selbst im Ortsgebiet sind diese zu empfehlen. Es gibt einige Wanderwege, die auch Ungeübte gehen können, z.B. ins Nachbardorf San Abbondio (15min), auf der Strasse nach Scaiano (10 min), über Scaiano nach Dirinella (15 min). Nach Cento Campi braucht man schon einige Kondition (1h15), wenn man direkt von Caviano rauf geht (der Weg ist bei schlechter Witterung, z.B. Regen, gefährlich). Wunderschön ist der meist flache Fussweg nach Gerra über San Abbondio (1h30). Die Wanderwege sind ausgezeichnet beschildert, auf die Angaben kann man sich verlassen.
Ebenfalls attraktiv ist das Schwimmen im warmen Lago Maggiore. Caviano hat einen eigenen kleinen Strand, zu dem man unweit vom Bahntunnel runtersteigen kann und der sogar Umkleidekabinen, Trinkwasser, Dusche und ein WC bietet, Einrichtungen, die man an den Stränden des Lago Maggiore nicht überall findet. Wer beim Baden mehr Trubel sucht, wird mit dem Auto nach Gerra fahren müssen. Dort kann man dann in der Menge schwimmen!
Empfehlenswerte Ausflüge führen nach Luino, wo jeden Mittwoch Markt ist. Am besten fährt man mit dem Zug dorthin, es gibt dann keine Parkplätze mehr in Luino. Schön sind auch Schifffahrten am Langensee, allerdings mit einem Tagesticket von 33 Franken auch teuer.
Wer sich überlegt in Caviano ein Haus zu kaufen, sollte bedenken, dass die freien Schwimmbäder bei den Villen extrem pflegeaufwendig sind. Wer diesen Aufwand nicht erbringen kann oder will, ist besser beraten auf den Pool zu verzichten und wenn er gut zu Fuss ist, lieber im See zu schwimmen.
Das Angebot an Ferienwohnungen ist groß. Mein Eindruck ist, dass diese Gegend inzwischen für die Schickeria nicht mehr so 'in' ist, allerdings sind die Preise immer noch sehr hoch, weil viele die Abgeschiedenheit des Ortes schätzen.
Es ist zwar 'wenig los' im touristischen Sinne, aber wer vermutet, dass Caviano ein ruhiger Ort ist, liegt ziemlich falsch. Das häufige Glockenläuten der Kirche Sta Maria Nascente (an jedem Tag, auch am Wochenende, wird der Ort um 6.30h durch langes Bimmeln geweckt und jede Stunde wird die Stundenanzahl zweimal geschlagen - warum weiss ich nicht - , so dass man um Mitternacht 24 Schläge aushalten muss) ist im Ortskern nur schwer zu ertragen.
Der sehr dichte Zugverkehr ist laut, besonders in der Nacht, etwa alle 20 Minuten fährt dann ein langer Güterzug durch das Tal, von 2 Loks gezogen. Tagsüber dominiert der Lärm der Motorboote und Wasserscooter, der Motorgeräte des Landschaftsgärtners (mit seiner ungemein nervigen Motorsense), sowie der Helikopter, die Lasten transportieren.
Und wenn man Pech hat, wohnt gerade nebenan ein Nachbar mit kläffendem Hund und einer viel zu lauten Stereoanlage. Wer es also wirklich ruhig haben will, muss hoch über der Bahnlinie und weit weg von der Kirche seine Villa suchen und schalldichte Fenster einbauen.
Das Wetter ist in Caviano wärmer als in Deutschland und sehr mild, der Winter ist nebelfrei. Aber es gibt häufige Niederschläge (nicht umsonst ist die ganze Gegend so grün) und oft ist die Luft dunstig.
Die Wälder der Umgebung sind von Edelkastanienbäumen geprägt, in den Gärten findet man oft auch schon Palmen. Als Tiere fallen vor allem die vielen Eidechsen auf.
Die Kultur und Sprache des Ortes ist italienisch, aber man versteht gut deutsch. Die Italiener in Italien würden mir hier nur bedingt zustimmen. Sie erkennen die Schweizer Männer sofort an ihren Schuhen, den viel zu bunten Krawatten und auch am Haarschnitt. Eleganz bleibt also Italien vorbehalten. Am Sonntag abend um 20h ist der katholische Gottesdienst in der sehr schönen und immer offenen Kirche. Der Friedhof lohnt einen Besuch. Mit der Kamera wird man viele Stillleben im meist menschenleeren Ort einfangen können.
Wer in Caviano ein gut eingerichtetes Haus mit einer überdachten Terrasse und einem schönen Blick auf den See findet, wird dort eine Woche oder 14 Tage lang wunderbar seine Seele baumeln lassen können und sich nicht über touristisches Treiben ärgern müssen. Allerdings sollte er oder sie sich guten Lesestoff, ein interessantes Hobby (z.B. Malen oder Fotografieren, Schreiben) und nette Gesellschaft selbst mitbringen.
Denn außer dem gutem Angebot über dem fast überall installierten Satellitenfernsehen, einigen kirchlichen Festen im Jahr, wird er oder sie keine Unterhaltungsmöglichkeiten vorfinden, was vor allem heranwachsende Kinder bedauern werden.
Ich kann mir gut vorstellen, wieder nach Caviano zu kommen, vielleicht aber dann nicht im Spätsommer, sondern im Frühsommer, der dann längere Sonnenzeiten verspricht.
Die Bilder wurden im August 1999 gemacht.
Siehe auch
http://www.bechler.de/cento.htm
Da ich immer wieder nach Ferienwohnungen und Ferienhäusern gefragt werde, das Objekt, in dem ich gewohnt habe, aber nur an Bekannte zu vermieten war, muss man selbst im Internet suchen.