Öde und leer, aber auch sauber und gepflegt, das ist der erste Eindruck von der Playa de Palma im Winter. Dieser lange Strand, der im Osten von S'Arenal und im Westen von Can Pastilla begrenzt wird, ist das Zentrum des deutschen Wintertourismus und daher Wert etwas genauer betrachtet zu werden.
Richtig heißt er Platja de Palma, ist etwa 5 - 6 km lang (je nachdem, was man zu ihm dazurechnet), gehört zum Teil zu Palma, aber auch zu Llucmajor. Er besitzt 15 Balnearios (Badestationen), die aber von den Deutschen nur "Ballermänner" genannt werden und auf Ortsangaben mit B abgekürzt werden. Sie sind im Winter (vom 1.11. bis zum 1.2.) ausnahmslos zu, mit ihnen leider auch die Toiletten, die darin untergebracht sind. Nichts ist los, keine Party, Promille und Paarung, nur Palmen.
Dass dies im Sommer die Hochburg des Massentourismus sein soll, sieht man nur an den Gebäuden der Hotels und Apartmenthäuser. Ansonsten ist von Massen hier nichts zu spüren. Am frühen Morgen sind nur einige Hundehalter und Jogger unterwegs, nach 18h, wenn schon alle ins Hotel geströmt sind, fährt nur noch die Polizei Streife und es ist total tote Hose auf der wunderschönen, geschwungenen Strandpromenade. Erst ab 1.Februar ändert sich das Bild wieder.
Kurz vor 18 Uhr strömen noch einige auf die Carretera, wie die Promenade heißt und fotografieren den Sonnenuntergang im Meer, der täglich ein neues, faszinierendes Naturschauspiel bietet.
Kommt tagsüber die Sonne, dann füllt sich die Promenade etwas mit Rentnern, die zum x-ten mal die wenigen, geöffneten Geschäfte begutachten, den häufigen Bau- und Renovierungsarbeiten zuschauen, für um die 2 Euro Kaffee und Kuchen bestellen oder Spazieren gehen.
Als Sprachen hört man inzwischen mehr spanische als deutsche Dialekte. Die erfahrenen deutschen Touristen, die zum Teil schon viele Jahre immer wieder kommen, tragen alle eine Einkaufstasche mit sich, in der sich ein Thermokissen befindet, das man dringend braucht, will man sich auch einmal niedersetzen.
Denn es gibt zwar unendlich viele Sitzgelegenheiten in Form von niedrigen Strandmauern und Betonbänken, aber keine hat eine Holzauflage und somit sind sie alle im Winter unbenutzbar.
Auf der sehr gepflegten Strandstraße fahren immer wieder Schwärme von Radlern. Gelegentlich sieht man auch einen Fiaker, meist ohne Fahrgäste.
Um die Mittagszeit treffen sich einige Deutsche auf dem Strand und spielen mit Eisenkugeln ein Spiel, das man auf Spanisch Petanca nennen könnte, aber besser Boccia heißt. Da auf dem Sandstrand die Kugeln nicht rollen, hat es mit dem vertrauten Boule (Petanque) wenig gemeinsam.
Ist in S'Arenal, das früher noch El Arenal hieß, Markttag (am Donnerstag), dann strömen schon etwas mehr Menschen Richtung Osten. Manche nehmen dazu auch den Bus, die Preise mit der 10 Fahrten Chipkarte sind niedrig. Dieser Tag ist auch die Hauptzeit der Hütchenspieler, die man unbedingt meiden sollte, denn man wird mit Garantie dort um sein Geld erleichtert.
Diese Vorverkaufskarten bekommt man in einigen Tabaccos Läden, wenn sie offen haben. Denn trotz Wintersituation wird die Siesta eingehalten und am Nachmittag haben noch mehr Läden als sonst zu.
Tagsüber haben einige wenige Bars und Cafes geöffnet, meist einige Meter hinter der palmengeschmückten Strandpromenade, weil es dort windstiller ist und der Wind häufig weht.
Etwas Besonderes zu bewundern gibt es am Strand kaum. Manchmal sind einige verstreute Segelboote oder Wind- oder Kitesurfer zu sehen, oder man kann zuschauen, wie die großen Fähren aus Palma aus- oder einlaufen. Ansonsten hat man nur Meer pur.
Gelegentlich lässt jemand am Strand einen Lenkdrachen steigen (dazu gehöre ich auch), einige einsame Spaziergänger laufen die Wasserlinie entlang und heben schöne Muscheln auf.
Abwechslung bieten auch die vielen landenden und startenden Flugzeuge, die man nicht nur sieht, sondern auch hört. Stören tun sie hier noch kaum, in Can Pastilla aber, das direkt neben der Einflugschneise liegt, möchte ich wegen ihnen nicht wohnen.
An der Strandmauer baut manchmal ein Sandkünstler einige Figuren und kassiert dafür etwas Geld. Kinder sieht man nur ganz wenige, obwohl neben jedem Balneario auch ein kleiner Spielplatz eingerichtet wurde.
Beim Ballermann 8 lockt ein Mc Donalds mit Sonderangeboten. Frühstück gibt es dort nicht, wozu auch, wo doch alle in den Hotels bestes Frühstück bekommen haben.
Wie gesagt, öde ist es, aber auch sehr gepflegt. Klar, wo niemand unterwegs ist, gibt es auch keinen Müll. Und auch keine Kriminalität. Lediglich einige Hütchenspieler sind unterwegs, aber inzwischen weiß auch der naivste Tourist, dass er dort nur betrogen wird und wechselt rechtzeitig auf die andere Straßenseite aus.
Ich schildere diesen ersten Eindruck deshalb so genau, weil er überhaupt nichts mit dem Mallorcabild zu tun hat, das bei uns die Medien vermitteln. Nichts ist in der Zeit November, Dezember und Januar mit Eimersaufen, schnellem Sex und grölenden Deutschen. Lediglich zu Weihnachten und Neujahr gibt es eine kleine Zwischensaison, aber sonst, alles Fehlanzeige!
Ich schildere die Situation aber auch, weil man mit wenigen, kleinen Änderungen sie dramatisch verbessern könnte. Dazu gehören das Öffnen einiger Balneario Toiletten, einige Holzauflagen auf die Strandmauer, damit man dort in der angenehmen Sonne auch sitzen kann, ohne sich gleich ein Blasenentzündung zu holen und einige Aktivitäten zur Belebung, z. B. durch ein Drachenfestival.
Dazu müsste man allerdings auch Drachen kaufen können. Bisher muss ich sie aus Deutschland mitnehmen, ebenso wie die Thermositzkissen. Zu kaufen gibt es überwiegend Chinatextilien und die Verkäufer kommen ebenfalls aus Asien, die unzähligen Strassenverkäufer aus Afrika.
Niemand scheint sich für diese Probleme zuständig zu fühlen. Ich prangere sie schon seit Jahren an, aber habe noch nie eine Reaktion dazu bekommen oder eine Verbesserung gesehen. Spreche ich selbst mit den Geschäftsleuten, dann bekomme ich zur Antwort, "so ist es eben in Spanien".
Ich war 2007 zwei Wochen im Januar und eine Woche im Februar doch nochmals hier an der Playa de Palma. Es ist etwas geschehen, was ich nicht für möglich gehalten hätte: Die Situation hat sich weiter dramatisch verschlechtert. Auch die wenigen Winterhotels sind nicht gefüllt. Noch mehr Einrichtungen geschlossen, noch weniger offene Toiletten. Noch mehr - inzwischen wirklich unangenehm viele aggressive - schwarze Strassenverkäufer, für die jeder deutsche Mann Helmut heißt.
Neu ist das Aquarium von Palma, leider für mich viel zu teuer, ich habe es nur von außen gesehen.
Der Versuch mit dem liberalen Rauchverbot ist gescheitert, praktisch sind jetzt alle Bars Raucherkneipen geworden, verstunken, aber dennoch leer. Die Animation hat stark abgenommen. Dazu kam noch, dass das Wetter wirklich schlecht war: Sturm in Orkanstärke, der den Sand vom Strand weggeblasen, hat und viel Regen.
Geblieben ist das gute Essen, der Anblick eines wilden Meeres, zu zweit kann es sehr erholsam sein. Mietautos sind sehr billig geworden. An vielen Orten gibt es WLAN für die Notebooks (WI-FI Hotspots).
Zwei Einrichtungen drohen durch technischen Fortschritt ganz zu verschwinden. Internetcafes werden durch Netbooks verdrängt, die Fotoservices werden nicht auf Digitaltechnik umgestellt und sterben aus.
Ich wiederhole es nur ungern, aber die Tourismus - Verantwortlichen scheinen keine Ahnung von den Bedürfnissen der deutschen Senioren zu haben. Die Hotels sind da flexibler: So hat man endlich gute Bettdecken eingeführt und das Abendessen schon vor 18h möglich gemacht. Aber was nützt ein gutes Hotel (ich war im Grupotel Acapulco Playa), wenn man an seiner Umgebung keine Freude mehr hat!
Wenn alles so trostlos ist, warum verirren sich dann trotzdem immer noch so viele Menschen in diese Gegend? Der Grund ist simpel, es ist eben nicht ganz so schlecht, wie es der erste Eindruck vermittelt.
Es gibt eben nicht nur die Strandpromenade, sondern auch Nebenstraßen dazu und eine Parallelstraße (Marbella, Llaut) mit etwas mehr Leben.
Und man hat mit Can Pastilla einen Ort, der nicht nur Bettenburg ist, sondern auch etwas Hafenatmosphäre bietet. Auch in die andere Richtung, nach Cala Blava, findet man einen schönen, wilden Strand.
Kennt man sich besser aus, wird man viel Abwechslung entdecken. Wie bei Geheimtipps üblich, erfährt sie aber meist erst zu spät vor der Abreise. Lediglich die Dauerüberwinterer kennen sie alle und sie sind auch gerne bereit ihr Wissen mit den Neutouristen zu teilen, man muss sie nur danach fragen, was sie denn tagsüber machen.
Etwas weiter am Berg oben ist ein Franziskanerkloster mit einem Museum und einer sehr sehenswerten Kirche (für die man beide einen geringen Eintritt zahlen muss). Beide sind nur am späten Nachmittag geöffnet, der erholsame Park kann aber immer besucht werden.
Oder sie gehen zur Gymnastik, die u.a. sowohl im Hotel Cristina wie auch auf dem namenlosen Hauptplatz beim Riu Centre angeboten (bei B 7) werden.
Organisiert werden diese Veranstaltungen u.a. von den Clubs für Langzeiturlauber.
Bei diesen Treffen werden nicht nur auch der Blutdruck gemessen, sondern es werden auch nachher in der Tango Bar alle Neuigkeiten ausgetauscht, vom intimen Tratsch bis zu den besten Angeboten der Abendanimation. Die Alten sind flexibel auf Mallorca und gefällt ihnen das Abendprogramm im eigenen Hotel nicht, dann wird ins nicht allzu weit entferntere bessere Angebot ausgewichen.
Dies ist besonders praktisch, wenn das eigene Hotel keine Animation anbietet oder wenn man nicht mehr Bingo spielen will. Einmal sollte man allerdings bei Bingo mitmachen, damit man es lernt. Es ist nicht schwer, hält den Geist wach und gehört zu jeder Seniorenausbildung, finde ich. Genau so wie Karten spielen, sicherlich auch eine der beliebteren Abendunterhaltungen, will man nicht nur Fernsehen.
Oder man trifft sich in einem der Tanzlokale. Viele haben ja zu, aber es gibt immer einige Ausnahmen, man muss nur danach fragen. Will man allerdings viel tanzen, sollte man sich seinen Tanzpartner mitbringen. Männer, die tanzen können und wollen, sind nämlich absolute Mangelware.
Im Winter ist das Ausflugsangebot zwar stark reduziert, aber nach Palma kann man immer fahren und auch die anderen Hauptziele (siehe Mallorca-Übersicht) werden bedient. Und selbstverständlich kann man sich immer ein Auto mieten und die schöne Insel abfahren
Ich werde nach vielen Jahren nicht mehr im Winter nach Mallorca fliegen. So wird mein Aufenthalt 2007 mein letzter gewesen sein. Aber in die Tükei will ich auch nicht, wohin viele andere ausgewichen sind. Es gibt für Deutsche andere, bessere, wenn auch etwas teuere Winterziele auf den Kanaren oder das für mich persönlich interessantere Malta, auch wenn ich einiges vermissen werde, z.B.
Sollten doch dringend notwendige Infrastruktur - Verbesserungen vorgenommen werden und angenehmeres Publikum da sein, dann werde ich ich es mir wieder überlegen.
Wer allerdings mit den bestehenden Missständen leben kann, der sollte es zumindest wieder einmal versuchen und einen neuen Anlauf wagen.
www.euxus.de/mallorca-arenal.html